Pädagogische Überlegungen zu den verschiedenen Aktivitäten des "HOLZWUERM":
Zirkusaktivitäten – ein starkes pädagogisches Instrument
Durch
ihre Vielfalt erlauben es die Zirkusaktivitäten dem Kind verschiedene Aspekte
seiner Persönlichkeit zu entfalten. Dies sind vor allem die Entwicklung der
motorischen Fähigkeiten, der Identitätsaufbau, das Erweitern der
Vorstellungskraft und Phantasie und schließlich auch die soziale Entwicklung
des Kindes.
Wer
kennt sie nicht, die Kinder die „b" und „d" verwechseln, die im dritten
Schuljahr immer noch nicht rechts und links unterscheiden können und denen, wie
es scheint, räumliches Denken und rhythmisches Vorgehen einfach nicht gelingen
mag. Das Jonglieren stellt die Basis beim Erlernen der Zirkusaktivitäten dar.
Durch den Gebrauch der beiden Hände, der linken und der rechten, durch das Verfolgen
der Bälle mit beiden Augen, dem linken und dem rechten und durch die ständige
Kontrolle des ganzen motorischen Vorganges durch beide Gehirnhälften, der
linken und der rechten, wird die Lateralität des Kindes grundlegend verbessert und gestärkt. Der ganze Körper
passt sich dem Rhythmus des Jonglierens an, genau berechnete, präzise
Bewegungen sind erforderlich, damit die Jonglage gelingt. Eifer und Disziplin
die zum Üben unerlässlich sind, erlernt das Kind so auf spielerische Art und
Weise.
Wunderbar
anzuschauen sind die Artisten auf dem Hochseil. Doch auch die Beherrschung des
Rola-Bola, der großen Kugel oder des Übungsseils beeindruckt den Zuschauer
zutiefst, weil er den jungen Künstler beim Kampf mit und gegen das
Gleichgewicht beobachten kann. Hier ist die Entwicklung des Gleichgewichtsinnes
gefordert, die Beherrschung des Körpers im Raum durch gekonnte
Gewichtsverteilung von einem Bein auf das andere. Doch auch das Einradfahren
fördert die Entwicklung des Gleichgewichtes und damit der Körperbeherrschung.
Dabei ist es in unseren Gemeinden keine Seltenheit mehr, dass sich die Kinder
in ihrer Freizeit im Schulhof treffen, um zusammen Einrad zu fahren.
Doch
damit nicht genug, die ganze Körperbeherrschung wird durch der Arbeit am Trapez
gefördert und gefordert. Hier ist nicht nur physische Kraft, sondern auch ein
Höchstmaß an Konzentration verlangt – neben dem Aufbau des Vertrauens in den
oder die Partner.
Doch
Zirkusaktivitäten gehen noch weit darüber hinaus. Schließlich finden sie immer
öfter vor einem Publikum statt und so tragen sie zur gesamten
Identitätsentwicklung des Kindes bei. Pantomime, Schauspielerei, Clownerien,
Schminken, Kostüme.... sind nur einige Aktivitäten, die zu einer gekonnten
Zirkusvorstellung gehören. Hier hat das Kind die Möglichkeit die Rollen zu
wechseln, andere Personen, Identitäten, Einstellungen zu testen, die
Wirklichkeit im Spiel zu manipulieren, ohne dass das Risiko des Scheiterns
allzu bedrohlich wird. Im Spiel, hier im Zirkusspiel in der Manege, ist das
Kind ganzheitlich gefordert, kann seinen Körper, seine Intelligenz aber auch
seine Gefühle einbringen und sich als Ganzes – kreativ – zum Ausdruck bringen.
Andererseits
lernt das Kind seinen Körper kennen. Es lernt, wieviel Training, Disziplin und
Durchhaltevermögen eine gewisse Übung von ihm verlangt. Es lernt, sich immer
wieder selbst zu überwinden, um das gesteckte Ziel doch noch zu erreichen.
Jeder, der sich zum ersten Mal in den Sattel eines Einrades schwingt, ist von
der Unmöglichkeit dieser Übung augenblicklich überzeugt. Trotzdem lassen sich
viele Kinder nicht davon abbringen und erreichen ihr Ziel nach wochen- oder
monatelangen Versuchen. Sie lernen ihre Gefühle zuzulassen: die Enttäuschung zu
überwinden, die Freude des Erfolges als neuer Ansporn zu nutzen. Sie erlernen
die Konzentration als Mittel zum Erfolg zu schätzen.
Viele
Produktionen fordern zu ihrer Realisierung außerdem noch das Herstellen von
Kostümen, Bühnendekoration, Requisiten, die Beschäftigung mit Musik,
Choreographie und das Erstellen von Skripten, zeitlichen Abläufen,
Programmheften... Auch diese artistischen, kreativen Aktivitäten sind ein
wichtiger Bestandteil in der Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes. Des
weiteren erlauben sie eine gewisse
Differenzierung innerhalb der Gruppe: auch Kindern, denen die perfekte Jonglage
zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelingen will, können ihren Beitrag zur
Aufführung leisten.
Alle
Zirkusaktivitäten stärken, wie wir gesehen haben, die individuellen
Ausdrucksmöglichkeiten des Kindes. Doch alle Aktivitäten spielen sich immer im
sozialen Rahmen ab. Die Realität der Gruppe ist tonangebend, sie spiegelt die
Versuche des einzelnen wieder: jedes Kind kann sich mit der Gruppe vergleichen
und messen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen.
Die
gemeinsame Aufführung - der Applaus für alle - ist oft genug Anlass für die
gegenseitige Anerkennung der Leistung aller Mitglieder. Man lobt, man bewundert
den anderen. Die kollektive Leistung in der Manege übertrifft in ihrer Wirkung
die individuelle Leistung des einzelnen - und fördert so den Willen, weiter zu
arbeiten.
Leistung
macht Spaß, wenn sie freiwillig ist und Erfolge werden gemeinsam erlebt und
gefeiert.
TheaterSPIEL - KINDERtheater
Unsere Kinder der "Milleniums-Generation" sind augenblicklich dabei, zu lernen, dass sie sich nicht mehr aufraffen müssen, um ein Abenteuer zu erleben! Sie holen sich ihre Abenteuer mit einem Knopfdruck ins Kinderzimmer. Sei es Fernsehen, Gameboy- oder Konsolenspiele oder der Komputer. Nicht mehr die nahe Umwelt wird direkt von den Kindern erfahren, sondern gleich und unvorbereitet die ganze Welt, ja das ganze Universum, aber leider nur über den indirekten Weg eines Mediums. Dies bringt nicht nur das Erfahren der Welt aus zweiter Hand, sondern auch eine Vereinsamung und Isolation des Kindes zu Hause mit sich.
Diese Entwicklung können und wollen wir in der Schule nicht zurückdrehen, aber wir müssen sie zur Kenntnis nehmen - nicht verdrängen - und versuchen für unsere Schüler einen Ausgleich zu schaffen.
Theater - und vor allem Kindertheater - läßt sich nicht auf Knopfdruck einschalten, es läßt sich nicht ohne weiteres vervielfältigen und schon gar nicht sekundenschnell wieder abschalten, wenn die Lust an ihm zu verlieren droht! Theater lebt in der Sekunde, in der der Schauspieler seinem Zuschauer auf der Bühne gegenübertritt, kann ohne diese Wechselwirkung Schauspieler-Zuschauer nicht existieren und ist im Augenblick seiner Aufführung schon vergangen. Hierbei werden Erfahrungen aus erster Hand gemacht, die dem Kind eine angemessene Form des Lernens und der Lebensbewältigung ermöglichen.
Es bietet zahlreiche Ansätze zur Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit: anders als in der Medienlandschaft ist das Theaterspielen auf das Miteinander der Spielenden einerseits und andererseits auf den Kontakt zum Publikum angewiesen, fördert also beim Kinde die komplexe Fähigkeit zur Kommunikation, die im heutigen Berufsleben eine Schlüsselqualifikation darstellt.
Damit aber nicht genug: jedes Kind gibt auf der Bühne vor ein anderer Mensch zu sein. Es erlebt also einen Teil Wirklichkeit unter anderen Voraussetzungen. Eine völlig neue Perspektive tut sich ihm auf und fördert so Neugier, Neuentdeckung und konsequentes, logisches Weiterentwickeln der Phantasie, ohne das Risiko des realen Scheiterns fürchten zu müssen. Das fremde Schicksal einer Figur kann auf diese Weise ohne Ängste und Hemmungen ausgetestet werden, ohne die ach so plausiblen Erwachsenenantworten, die dann sehr oft zur Übernahme von gesellschaftlichen Vorurteilen führen können.
Doch auch ganz konkret, im gewöhnlichen Schulalltag, bringt das Theaterspielen eine ganze Reihe Verbesserungen. Das Gruppengefühl wird gefördert, die Beziehung zwischen Lehrer/Lehrerin und Kind wird gefestigt und um neue Aspekte erweitert. Mitschüler und Lehrer lernen plötzlich ganz neue, andere Fähigkeiten kennen und schätzen, Gegenseitige Anerkennung und Respekt kann so gefördert werden. Alle Kinder können beim Theater in Rollen schlüpfen, alle Kinder erhalten die Möglichkeit zum Handeln, das zu einer Steigerung des Selbstwertgefühles führt: Theater hat also eine integrierende Funktion und fordert die Kinder zum Akzeptieren von Kompromissen heraus: Die Rolle der schönen Prinzessin ist immer schnell vergriffen, aber welches Mädchen möchte schon die böse Stiefmutter spielen, welcher Junge schon den langweiligen Oberförster, der am Ende nur kurz auftritt und den Wolf erlegt? Doch alle Rollen zusammen ermöglichen erst ein gelungenes Theaterstück!
Letztlich sollten wir auch nicht die Kinder vergessen - und in der komplizierten Luxemburger Sprachlandschaft gibt es deren viele - , die sich durch sprachliche Defizite im regulären Unterrichtsgeschehen eingeschränkt fühlen oder es tatsächlich sind. Ihnen bietet das Theaterspielen nicht nur die Möglichkeit des Einübens fester Sprachstrukturen sondern auch die Gelegenheit sich nonverbal durch Gestik und Mimik in das Spiel und damit das konkrete soziale Geschehen einzubinden. So können alle Spieler Kommunikationsmittel erlernen, die vorher nie in Betracht gezogen worden sind.
Fragt man die Kinder, warum sie Theaterspielen, so bekommt man oft als Antwort:"...weil es Spaß macht!"
Aber was ist es, was den Kindern solchen Spaß am Theater bereitet - ist es die Tatsache, dass alle mitspielen können, ist es das Nachahmem, Ausprobieren und Experimentieren, ist es die Lust am Sich-Darstellen und am Darstellen anderer, ist es der Spaß am Verkleiden, der Spaß am spontanen Umsetzen von Einfällen, der Spaß an Sprache, Mimik, Gestik, Bewegung und Neugierde, die Herausforderung, an Selbstsicherheit zu gewinnen und Selbstbeherrschung zu üben oder ist es der Spaß an allen diesen Aspekten zusammen.
Mit Sicherheit ist es die Freude nach einer gelungenen Vorführung den Applaus, die Achtung und den Respekt des Publikums in Empfang nehmen zu dürfen.
Musik der Stille
Denken wir an Musikunterricht, so sehen die meisten das Notenheft vor sich, das verzweifelte Versuchen, diese Noten auch noch richtig zu singen oder auf dem neuen Instrument nachzuspielen. Viele von uns kennen den Frust, wenn nach einer Woche hartem und aufopferungsvollem Üben der gestrenge Maestro mit dem Gebotenen dann doch nicht zufrieden ist und man für die darauffolgende Woche weitere Übungen aufgebrummt bekommt. Bei vielen geht so die Lust an der Musik und vor allem die Lust am Musikmachen verloren.
Vergleichen wir die Musik mit der Sprache. Die Muttersprache lernen wir
mehr oder minder gut seit wir auf der Welt sind. Wir verstehen, was gemeint ist
und wir können auch mitreden, wir können sprechen. Die Sprache wird erst zu
einem Problem, wenn sie in der Schule gelesen und gesprochen wird. Dann muss
man Buchstaben lernen, man muss lernen sie zu schreiben, sie aneinanderzubinden
und beim Lesen richtig zu betonen. Das ist vür viele Kinder sehr anstrengend.
Weil es aber der Lehrplan so will und weil jeder in die Schule muss, lernen die
allermeisten Kinder lesen und schreiben neben dem Hören und Verstehen.
Eigentlich sehr ähnlich verhält es sich mit der Musikschule, in der die
Kinder auch die Grundlagen der „Sprache“ Musik lernen, eben die Noten lesen und
schreiben. Aber das ist nicht im Lehrplan vorgeschrieben und auch nicht jeder
muss in die Musikschule, sondern nur die, die das wollen, oder wo die Eltern es
wollen. Vielen Kindern bleibt dieser Zugang zur Musik
verschlossen.
Uns interessiert hier aber vor allem, ob es auch ein Hören und Sprechen
von Musik gibt, ja vielleicht sogar ein Verstehen von Musik, unabhängig von
ihrer geschriebenen Form. Wir wollen also gar nicht in die Domäne der
Musikschulen eindringen, sondern uns fragen, kann man auch Musik mit Kindern
machen, ohne Noten zu lesen und aufzuschreiben, kann man Töne und Geräusche
erkennen und reproduzieren, mischen und und wieder weglassen ohne die Kentniss
der Notenschrift.
Bleiben wir beim Vergleich mit der Sprache. Was wäre so eine Art
Muttersprache der Musik? Was „saugen“ die Babys seit ihrer Geburt an Musik mit
ihren Ohren auf? Ja, klar, Britney Spears im Radio zu Hause, im Autoradio
unterwegs und aus dem Lautsprecher beim Einkaufen. Ein schlimmer Gedanke!
Daneben, wenn das Kind dann Glück hat, vielleicht etwas andere Musik aus der
heimischen Stereoanlage, vielleicht „Die kleine Nachtmusik“, oder „Die vier
Jahreszeiten“, ... vielleicht, ab und zu ...
Was die Kinder aber auf jeden Fall mitbringen ist ein ungeklärtes
Bewustsein, dass es so etwas wie Rhythmus gibt und dass es verschiedene
Tonhöhen gibt. Bei einigen Kindern ist dieses Rhythmusgefühl sehr ausgeprägt,
bei anderen eher das Gefühl für die Intervalle zwischen den Noten.
Und genau da wollen wir mit unserer Arbeit beginnen. Wichtig ist Stille
schaffen! Die Stille ist ein wichtiges und heute höchst seltenes Gut. Und nur
vor ihrem Hintergrund kann sich ein Geräusch oder ein Ton bilden, eine Tonfolge
entwickeln. Wir müssen den Kindern also vor allem wieder ein Gefühl von Stille
und somit auch von Ruhe geben, wenn wir ihnen Musik näher bringen wollen.
Natürlich kennen wir alle das Spiel: der Lehrer sagt, seit mal alle ganz
still. Natürlich prustet dann immer einer, sehr oft dann gerade wieder der
„Klassenclown“ also der „Zappelphilipp“ oder wie er sonst noch genannt wird,
heraus und unterbricht die wertvolle Ruhe. Aber anstatt sich nun aufzuregen und
aggressiv gegen das „unangebrachte Lachen“ vorzugehen, haben wir hier schon ein
authentisches Geräusch, das noch dazu rhythmisch ist und das vor dem
Hintergrund der Stille entstanden ist. Damit ist doch etwas anzufangen.
Es gibt so viele Geräusche: sie können authentisch oder nachgemacht,
oder um ein modernes Wort zu gebrauchen „modelliert“ sein, sie können laut oder
leise, kurz oder lang sein, sie können mit dem Körper oder mit Werkzeugen, ja
sogar mit den Werkzeugen der Musik, also den Instrumenten, gemacht werden, ...
Aber die Kinder sollen sie kennenlernen, sollen wissen, dass sie ihnen zur
freien Verfügung stehen.
Die Geräusche können aber auch in einer gestimmten Reihenfolge gemacht
werden, oder in einer andern, die Reihenfolge kann beliebig ausgetauscht
werden. Sie kann schnell und langsam abgespielt werden, man kann auch schon
einmal Pausen, um sich zu erholen, zwischen den Geräuschen machen und, und,
und... Aber auch hier gilt, die Kinder müssen die Freiheit haben, alle
Kombinationsmöglichkeiten zu probieren.
Nur so können sie am Ende sagen, dies gefällt mir am besten, dies
gefällt mir nicht.
Nur wenn die Kinder viele Geräusche in vielen Kombinationen und in
totaler Freiheit ausprobiert haben, kann sich die Fähigkeit der Bewertung, die
nicht am allgemeinen Musikgeschmack, der uns jeden Tag aus dem Radio
entgegentönt, orientiert, nach und nach bilden. Und mit ihr entwickelt sich
auch die musikalische Kreativität, das heist das selbständige Bilden von
solchen Kombinationen von Geräuschen die der eigenen, individuellen Bewertung
standhalten.
Tanz ist Teamarbeit
Miniplayback-Shows stehen bei den Kindern heute immer noch hoch im Kurs.
Von den Erwachsenen werden sie oft kritisiert. Hierbei gibt es vor allem zwei
Punkte, die immer wieder angeführt werden: das „einfache“ immitieren der
Vorbilder aus den Medien und den zu frühen und unreflektierten Kontakt mit
sexuell belegten Verhaltensmustern und Kleidung. Trotzdem sind
Miniplayback-Shows sehr beliebt und auch immer wieder grosse Publikumserfolge
für die Veranstalter.
Auf der anderen Seite wollen die Kinder ja auch eigentlich nur tanzen,
dabei ist nichts Negatives! Sie wollen so sein wie die Erwachsenen, auch dabei
ist nichts Negatives! Denn durch Imitation lernen sie sehr viel und
schliesslich wollen sie gut aussehen, was absolut normal ist, besonders wenn
man auf der Bühne steht.
Beim Tanz kann es für uns also nur darum gehen, den Kindern klar zu
machen, welches die Stärken und die Schwächen ihrer Vorbilder sind, welche
Wirkung eine gewisse Geste oder ein Kleidungsstück in unserem Leben auf andere
Menschen hat. Dies braucht Zeit, dies braucht eine Menge Diskussionen und auch
und vor allem sollte der Erwachsene wissen, wovon er spricht. Hier dringt er
ganz bewusst und entschieden in eine Domäne der Jugend ein und die Kinder
akzeptieren keinen Gesprächspartner, der schwafelt und nicht Bescheid weis. Wir
befinden uns hier also auf abschüssigem Terrain und unsere Bemühungen müssen
somit weit bis in den Bereich der Medienpädagogik hineinreichen.
Doch sind die Bedingungen einmal klar mit den Kindern ausgehandelt, dann
wird daraus ein Terrain, das dankbarer eigentlich gar nicht sein kann. Die
meisten Kinder die tanzen wollen, haben auch Talent. Viele trainieren
freiwillig zu Hause, weil sie Spass an der Bewegung haben. Wir brauchen die
Choreographieteile, die Versatzstücke des Tanzes, die die Kinder mit von zu
Hause bringen bei den Proben eigentlich nur noch zu koordinieren – wenn die
Kinder das nicht schon selbst gemacht haben.
Kommt der Showtanz vor allem bei den Mädchen besser an, so findet man
unter den Jungen viele Breakdancer. Sie scheint diese eher agressive oder auch
„prahlerische“ und individuellere Form des Tanzes stärker anzusprechen. Hier
verbindet sich Taktgefühl mit Akrobatik und Kraft und wird von den Zuschauern
als sehr spektakulär empfunden.
Aber einmal mehr tanzen die Kinder ja nicht allein. Der erste Versuch
vor dem grossen Wandspiegel lässt sie sehr schnell erkennen, dass die
Bewegungen koordiniert und harmonisiert werden müssen, damit der Tanz in der
Formation gut aussieht. Die Tänzer müssen zuerst das zugrunde liegende
Musikstück analysieren, seinen Aufbau erkennen, Strophen, Refrains und
Übergänge ausmachen und schliesslich Bewegungsmuster und Musikteile
zusammenbringen. Dies ist schon eine recht schwierige geistige Leistung. Oft
muss der Betreuer den Kindern hier zur Seite stehen.
Dann kommt die Phase des Trainings. Immer wieder muss der Tanz
wiederholt werden, immer wieder muss die Reihenfolge überprüft werden. Dann
müssen schwierige Teile geübt werden, denn alle Kinder sollen die Bewegungen
auf die gleiche Art und Weise machen.
Hier ist in höchstem Masse Konzentration und auch viel Disziplin
erfordert, sonst gelingt die (Team)Vorstellung nicht.
Aufnahmetechniken : Hörspiel und Film
Seit 1997 arbeiten wir nun schon mit diversen Aunahmetechniken. Zuerst
auf einer herkömmlichen, digitalen Vierspuermaschine, ab 2000 dann mit dem PC
auf Pulsar/Cubase Basis.
Verschiedene Arten von Aufnahmen werden gemacht: da sind zuerst, für die
Theaterstücke und Musicals, Textpassagen, die, oft von Musik untermalt, in das
Stück eingestreut werden. An zweiter Stelle kommen die Radiosendungen, die für
100,7 - de soziokulturelle Radio von 1997 bis 2000 im Rahmen der Schoulen op
Antenn - Reihe in Zusammenarbeit mit Jean-Pol Roden gemacht wurden.
Weiter sind es regelrechte Hörspiele, wie zum Beispiel De Poufank vun
der Kéiermillen, in Zusammenarbeit mit dem Vogelstimmenexperten Marc
Schweitzer, oder Am Land wou de Peffer wiisst, hier in Zusammenarbeit
mit dem Studio Jang Linster.
Sehr interssant ist in diesem Zusammenhang auch die Arbeit an der
sogenannten Symphonie naturelle, ein experimentelles Projet mit dem
Künstler Lex Gillen. Hier machen die Kinder selbst Minidisc-Aufnahmen von
Natürgeräuschen und mixen diese dann am Computer zu Liedern und Songsequenzen.
Dieses Konzept wurde im Jahre 2002-2003 ausgebaut und mündete in der
Publikation der Hörspiel-CD Lauschter - Eng Fantasierees duerch d’Land vun
de Kläng finanziert vom Gemeindesyndikat S.I.V.OUR.
Zu guter Letzt seien aber auch noch die Lieder für die Musicals erwähnt,
die integral auf dem PC, teils voll digital, teils noch mechanisch produziert
werden. Ein Produkt dieser Arbeit ist Gleew un déng Dreem aus dem 2001er
Musical Iwwer der Leder auf dem One of us-Sampler. Das Lied wurde
übrigens von Thierry Mersch gesungen.
Man mag sich nun fragen, wo der pädagogische Wert denn nun für die
Kinder liegt. Und auch hier ist die Antwort nicht schwer: Genaues, richtiges
und gut verständliches Lesen und Sprechen wird hier geübt. Jeder, der schon
einmal in ein Mikrofon gesprochen und danach sich selbst über den Lautsprecher
gehört hat, weis, wie weit entfernt das Gehörte vom Eindruck ist, den man
selbst beim Sprechen hatte. „Ist das wirklich meine Stimme? Höre ich mich immer
so an?“ sind in der Regel die erstaunten Fragen, die nach einer solcher
Aufnahme gestellt werden.
Aber auch die vielen Versprecher, die vielen falschen Betonungen kommen
beim Abhören der Aufnahme gnadenlos ans Tageslicht. Auch sogenannte Ticks beim
Lesen, wie heftiges Schnauben oder nervöses Rascheln mit Papier sind hörbar.
Natürlich kann auch an Sprachfehlern gearbeitet werden, da die Kinder, beim
Anhören, sich dessen richtig bewusst werden. Nicht zuletzt kann an der
richtigen Aussprache einer Fremdsprache gefeilt werden und so eine allgemeine
Verbesserung des Lesens herbeigeführt werden. Nach P.I.S.A. ein nicht zu
unterschätzender Aspekt!
Aber auch die zusätzliche Motivation der Kinder beim Üben darf man nicht
ausser Acht lassen: wenn es darum geht, morgen eine wichtige Aufnahme, die
später viele Menschen im Radio hören, zu machen, oder für ein Hörspiel, welches
dann sehr oft und immer wieder im CD-Player läuft, oder eine
Musical-Einspielung, die dann vor 4000 Zuschauern abgespielt wird, dann kann
man sicher sein, dass die Kinder ihre „Hausaufgaben“ machen, denn sie wollen
kein schlechtes Resultat.
Dazu kommt natürlich auch noch Konzentration bei der Aufnahme selbst. Es
ist sehr schwierig, locker und gefasst vor dem Mikrofon zu bleiben, und das
Gelernte richtig und flüssig vorzutragen. Immer wieder wird die
Aufnahmemaschine zurückgespult, und immer wieder muss von vorne angefangen
werden. Aber so lernen die Kinder die Wichtigkeit des Augenblicks kennen! Sie
erkennen, dass jetzt nur die nächsten Minuten der Aufnahme von Belang sind,
dass hierfür höchste Konzentration von Nöten ist, und dass danach natürlich
wieder umso ausgelassener und erleichterter gespielt werden kann.
Schattenspiel, Puppenspiel, Schwarzes Theater
Das Puppenspiel kennt wohl jeder, obwohl es auch hier sehr viele
unterschiedliche Formen gibt: Marionetten oder Handpuppen wo der Führer hinter
der Bühne im Verborgenen bleibt sind wohl die bekanntesten. Daneben gibt es die
Variante, wo der Führer auch auf der Bühne steht und gegebenenfalls als
Schauspieler ins Geschehen mit eingreift. Dann kann der Führer die Puppe
„anziehen“, in sie hinein schlüpfen, sie über sich stülpen und so eine ander
Identität auf der Bühne erlangen.
Das Schattentheater spielt sich hinter einer Leinwand ab, die Zuschauer
sehen nur die Schatten der Spieler oder auch der Puppen auf der Leinwand. Dies
gibt dem Gespielten einen surrealen, entrückten Effekt, auf den schon seit
Jahrhunderten zurückgegriffen wird.
Die technisch komplizierteste, aber auch effektvollste Variante ist das
sogenannte Schwarze Theater. In totaler Dunkelheit, vor einem total
schwarzen Hintergrund werden total schwarz angezogene Spieler von
ultraviolettem Licht angestrahlt. Der Zuschauer sieht nur die Dinge, die die
Fähigkeit haben zu fluorszendieren, das heisst, die im ultravioletten Licht
leuchten. Surreale, magische Effekte erzielt das Schwarze Theater, weil Dinge
ohne erkennbaren Grund scheinbar durch die Gegend fliegen, sich Köpfe von
Körpern lösen und, und, und...
Diese speziellen Formen des Theaters eignen sich sehr gut, um mit
Kindern zu arbeiten, die sich noch nicht trauen, direkt vor ihr Publikum auf
die Bühne zu treten. Sie stellen sich eher im Verborgenen dar, bleiben im
Hintergrund und sind doch voll und ganz ein wichtiger Bestandteil des Stückes
und der Theatergruppe. Vor allem Anfängern wird so der Sprung auf die Bühne
erleichtert, sie schnuppern Spielatmosphäre, stehen aber nicht vorn im
Rampenlicht. Auch und vor allem für Kinder mit Schwierigkeiten in der Schule,
die nur noch über wenig Selbstbewusstsein verfügen, kann dies ein sehr
wichtiger Schritt in Richtung Reintegration sein.
Sozialer Aspekt
Dies sind, neben dem herkömmlichen Theater und den Zirkusaktivitäten,
natürlich nur die verschiedenen Angebote, welche wir dem Kind zur freien
Auswahl überlassen. Für welches es sich schlussendlich entscheidet, oder welche
es miteinander kombiniert, steht zu seiner freien Entscheidung. Auch soll die
Motivation zur Leistung von ihm kommen. Die Betreuer stehen immer nur beratend
zur Seite, sie fordern nicht. Ob das Kind sich neben den Proben noch Bälle
ausleiht und zu Hause trainiert, ist ihm freigestellt. Es soll nicht bewertet
oder verglichen werden, es sollen keine Noten verteilt werden wie im
Unterricht. Wenn einer etwas gut kann, dann wird er gelobt, wenn einer etwas
nicht gut kann, und es lernen will, dann wird ihm geholfen.
Betonen
sollte man auch noch einmal, dass alle Aktivitäten, ob nun Proben, Ferienlager
(Kolonie) oder Reisen ins Ausland, des Holzwuerm für die Kinder umsonst
sind. Alle Kinder sollen unabhängig vom Einkommen der Eltern das machen können,
was ihnen Spass bereitet.
Das
Kind soll die Möglichkeit haben, sich in der Gruppe und in der Gesellschaft,
durch die ihm hier angebotenen Möglichkeiten, zu einem gefestigteren und
bewussteren Menschen zu entwickeln: so werden zum Beispiel die Flexibilität, das
Aufeinanderzugehen, die Teamarbeit und die Selbständigkeit gefördert. Dies
alles sind sogenannte Schlüsselkompetenzen, welche unsere Gesellschaft bei
ihren Mitgliedern voraussetzt, und die über die reine Wissensvermittlung in der
Schule hinausgehen.
Weiter wird durch den
Kontakt der Kinder untereinander und mit den Workshopleadern die Sprache
gefördert. Hier ist neben dem Deutschen und Luxemburgischen vor allem an das
Französische zu denken; eine Sprache, die den meisten Kindern unserer Gegenden
viele Schwierigkeiten bereitet.
Wichtig ist immer, dass die Gruppe als ganze Auftritt. Für jeden soll
etwas dabei sein! Jeder soll sein Können in seiner Disziplin unter Beweis
stellen können. Leistung macht Spaß, wenn sie freiwillig ist und Erfolge werden
gemeinsam erlebt und gefeiert.
Roland Meyer